REPORTAGE / ORCHESTERAKADEMIE
05/04/12 Fast, ja fast vergisst man als allabendlicher Gast der Osterfestspiele, dass es auch ganz andere Formen von Musikmachen gibt. Nicht des Geldverdienens, sondern der eigenen Freude wegen. Wenn man will: Musik ohne Erfolgszwang – bei der sich dann, wie man am Mittwoch (4.4.) im Odeion erleben durfte, trotzdem Erfolg einstellt.
Von Reinhard Kriechbaum /DrehPunktKultur
Das Orchesterprojekt von Wolfgang Danzmayr gibt es schon geraume Zeit. Die neuen räumlichen Möglichkeiten des Kulturforums Odeion und eine sich bietendende Zusammenarbeit mit der Waldorf-Schule wurden nun erstmals für eine „Orchesterakademie“ genutzt. Ab Samstag arbeitete man miteinander, fünf ganze Tage lang. Einige Profi-Musiker betreuten die ambitionierten Laien, einige Musikstudenten waren dabei und eine Reihe von Kindern aus der Waldorf-Schule. Das gar nicht un-ehrgeizige Ziel: unterschiedliche Orchesterliteratur zu erarbeiten, darunter immerhin fast den halben zweiten Akt der „Traviata“. Aber auch einen Symphoniesatz von Mozart, einen Violinkonzert-Satz und Filmmusiken. Mehr Einblick in die Materie kann man als Laie in so kurzer Zeit kaum gewinnen. Das alles ins Aufführungs-Stadium zu bringen, ist eine anspornende Herausforderung.
Und wie hat das dann geklungen? Erstaunlich gut konsolidiert war das gut dreißig Leute starke Orchester. Der Kopfsatz von Johann Michael Haydns Symphonie in D-Dur HM 287 spielt sich beileibe nicht von alleine, er ist kontrapunktisch dicht gearbeitet, Mozart wusste genau, warum er sich die Mühe machte, die Noten abzuscheiben.
Manch Originelles fand sich am überlangen Abschlussabend im Programm, denn die Musiker waren auch kammermusikalisch gefordert. Wolfgang Danzmayr verwies auf eine erkleckliche Zahl von Doppelbegabungen. So hat beispielsweise Benjamin Sattlecker nicht nur Geige im Orchester gespielt, sondern auch Schuberts „Doppelgänger“ gesungen, mit einer herzerfrischend-schummrigen Begleitung aus vier Celli und Kontrabass! Auch zum Entertainer taugt der junge Mann („In meiner Badewanne bin ich Kapitän“, mit Streichern und einer Blockflöte).
Bratsche im Orchester spielte Christoph Schöffmann, und es war ganz erstaunlich, was für einen exzellenten Père Germont er dann gegeben hat – jedes Landestheater könnte bei ihm anklopfen für die Rolle. Die Violetta – Cornelia Bitzner-Petriu – ist Absolventin der Waldorfschule. Auch sie braucht sich nicht zu verstecken als Sängerin. Überhaupt: Die Waldorfschule scheint ein unterschätzter Nährboden für Musikbegabungen zu sein. Das liegt natürlich auch daran: Aus ambitionierten Elternhäusern kommen geförderte und motivierte Jugendliche. Die Tendenz zur „Dynastiebildung“ im Orchester ist unübersehbar. Stefan David Hummel, den man als Konzertbesucher in Salzburg eher als Komponisten kennt, engagiert sich musikpädagogisch in der Waldorf-Schule und hat einige Stücke dirigiert.
Alle haben ihre pure Freude gehabt an dem Konzert, die Ausführenden und die Zuhörer ebenfalls. Und auch jener Vokalistenkreis, der „Roswitha Ursin-Chor“ heißt (die Dame war Gesangspädagogin in Salzburg) und in dem ältere Damen und Herren aus dem Umkreis der Waldorfschule seit Jahrzehnten ihren gesellschaftlichen und musikalischen Ambition frönen. Auch sie waren eingebunden in zwei kleinere Kirchenmusikwerke von Johann Michael Haydn.